Beatrice Gibson
I Hope I’m Loud When I’m Dead
2018, 21m

In Beatrice Gibsons neuem Film I Hope I’m Loud When I’m Dead setzt die Künstlerin Poesie als Mittel ein, um mit einer zunehmend unberechenbareren Gegenwart umzugehen und verweist dabei auf die Auswirkungen politischer Unruhen, gewaltsamer Konflikte und Zwangsmigration. Die Arbeit begann als
Portrait der zwei bedeutendsten Lyriker:innen der USA, CAConrad and Eileen Myles, und wurde am Vorabend der Amtseinführung des 45. US­-amerikanischen Präsidenten im Januar 2017 aufgenommen.

Während des Folgejahres setzte Gibson ihre Arbeit an dem Film in Amerika und Europa fort, wobei sie die Gedichte von CAConrad und Myles mit Texten von Audre Lorde, Alice Notely, Adrienne Rich sowie persönlichen Portraits verwob. Der Film ist außergewöhnlich intim, sucht nach der Kraft des Rituellen und versetzt Lyriker:innen in die Rolle von Prophet:innen, die imstande sind, in Zeiten bedrohlicher Autoritäten einen abweichenden Pfad zu beschreiten.

Der Titel I Hope I’m Loud When I’m Dead ist der Lyrik CAConrads entlehnt und spiegelt Gibsons synthetische Arbeitsweise von Kollaboration, Inspiration, Kompliz:innenschaft und Teilhabe wider. Bisweilen deutet der Film auf Gibsons bis dahin unvollendete Adaption von Gertrude Steins nie verwirklichtem Filmskript Deux soeurs qui sont pas soeurs (1929) hin.

Über die Künstlerin

Beatrice Gibson ist eine französisch-britische Filmemacherin, die zwischen London und Palermo lebt. Kultfiguren der Musik, Literatur und Lyrik – wie Robert Ashley, Gertrude Stein, Kathy Acker und Alice Notley – einbeziehend, sind Gibsons Filme zitathaft und partizipativ. Bevölkert von Freund:innen und Einflüssen ihrer unmittelbaren Community, entstehen ihre Filme oft aus ko-kreativen und kollaborativen Prozessen und Ideen.

Gibson ist zweimalige Gewinnerin des Tiger Award für den besten Kurzfilm, Rotterdam International Film Festival, 2009 bzw. 2013. 2013 war sie auf der Shortlist für den Jarman Award und den Max Mara Art Prize for Women 2013–15. Im Jahr 2015 gewann sie den 17. Baloise Art Prize, Art Basel. Sie war die Gewinnerin des Images Festival Marian McMahon Akimbo Award for Autobiography 2019 und war ein zweites Mal auf der Shortlist für den Jarman Award 2019.

Gibsons Filme wurden auf Filmfestivals auf der ganzen Welt gezeigt, wie den Filmfestspielen in Cannes, dem New York Film Festival, dem Toronto International Film Festival, dem London Film Festival, den Oberhausener Filmtagen, dem Courtisane Film Festival und dem Punto De Vista International Documentary Film Festival.

Derzeit entwickelt sie zwei neue Filme: ihren ersten Spielfilm mit der BBC, eine Liebesgeschichte, die im Laufe einer Nacht spielt und von Kathy Ackers Don Quijote und Alice Notleys The Descent of Alette inspiriert ist; außerdem eine Adaption von Euripedes‘ Alcestis, die in Sizilien spielt und bei der Gibson und ihr Partner Nick Gordon gemeinsam Regie führen. Gibsons Arbeit wird in der Hayward Gallery in der kommenden British Art Show 9 (2021/22) zu sehen sein. Ihre Filme werden von LUX London vertrieben. Sie wird vertreten von Laura Bartlett, London.

 

Podcast: What’s Love Got To Do With It?

Nach I Hope I’m Loud When I’m Dead arbeitete Beatrice Gibson erneut mit den KW, dem Camden Arts Centre und der Bergen Kunsthall zusammen, um What’s Love Got To Do With It zu produzieren, eine Podcast-Serie, die den gesamten September 2020 lief .

Beatrice Gibson disktuiert mit den zeitgenössischen Dichter:innen CAConrad und LeAnne Howe, Alice Notley und Precious Okoyomon sowie Ariana Reines und Sophie Robinson über das Thema Liebe. Die dreiteilige Podcast-Serie schafft einen akustischen Raum, in dem die Künstler:innen ihre Werke miteinander teilen, einander zuhören und auf diese reagieren. Zudem sind einzigartige Kompositionen von Crystabel Riley und Seymour Wright zu hören.

 

Episode 1 mit CAConrad und LeAnne Howe

Die Dichter:innen CAConrad und LeAnne Howe führen ein intensives, persönliches Gespräch über Mary Todd Lincoln und ihre gewalttätigen Fantasien von Native Americans, AIDS und Liebe während der Regan-Jahre sowie über die neuen Horizonte, die durch die Black Lives Matter-Bewegung entstanden sind. Durchwoben von Rezitationen ihrer eigenen Poesie reflektieren die zwei über ihre jeweiligen künstlerischen Werke, über das Aufwachsen mit dem Tod und der radikalen Liebe in ihren vielfältigen Formen.

Diese Episode enthält von Beginn an sensible Inhalte.

CAConrad ist Autor:in von neun Gedichtbänden und Essays. Die Veröffentlichung While Standing in Line for Death (Wave Books, 2017) gewann 2018 den Lambda-Buchpreis. Außerdem erhielt CAConrad 2019 einen Creative Capital Grant sowie den Pew Fellowship in the Arts Preis, den Believer Magazine Book Preis und den Gil Ott Book Preis. CAConrad lehrt regelmäßig an der Columbia University in New York und am Sandberg Art Institute in Amsterdam. CAConrads Bücher, Essays, Aufnahmen sowie der Dokumentarfilm The Book of Conrad (Delinquent Films, 2015) sind online verfügbar.

LeAnne Howe ist Bürgerin der Choctaw Nation of Oklahoma und Eidson Distinguished Professorin für Amerikanische Literatur an der University of Georgia. Howe ist Autorin von Romanen, Theaterstücken und Gedichten. Zu ihren Auszeichnungen gehören unter anderem der American Book Preis, der Distinguished Achievement Preis der Western Literature Association 2015, der erstmals verliehene MLA-Preis für Studien in Native American Literatures 2014 und ein Ford-Stipendium der United States Artists 2012. Während des Arabischen Frühlings 2010–2011 war Howe Fulbright-Stipendiatin an der Universität von Jordanien, Amman. Ihr jüngstes Buch Savage Conversations (Coffee House Press, 2019) ist die Geschichte von Mary Todd Lincoln und dem Savage Indian Spirit, von dem Mary behauptete, er habe sie nachts gequält.
 

Episode 2 mit Alice Notley und Precious Okoyomon

Die Dichter:innen Alice Notley und Precious Okoyomon erörtern bei ihrem ersten gemeinsamen Gespräch, wie sie sich auf Verbundenheit einstimmen, warum gemeinsame Träume Zustände kollektiver Zugehörigkeiten schmieden können, und fragen sich gegenseitig, wie Liebe sie und die Welt bewegt. Notley und Okoyomon teilen ihre Poesien und deren Verwurzelungen in ihren persönlichen Geschichten – sowie ihre Hoffnungen für die Zukunft – und geben Visionen von generationenübergreifenden Leben in kontinuierlichen Übersetzungsakten wieder.

Alice Notley wurde 1945 in Bisbee, Arizona, geboren und wuchs in Needles, Kalifornien, in der Mojave-Wüste auf. Zumeist lebte sie in Needles, New York und seit 1992 in Paris. Sie ist Autorin zahlreicher Gedichtbände sowie von Essays und Vorträgen über Poesie. Sie ist (Mit-)Herausgeberin von Büchern von Ted Berrigan und Douglas Oliver. In den 1970er Jahren war sie Herausgeberin der Zeitschrift CHICAGO und in den 1990er Jahren zusammen mit Oliver Mitherausgeberin der Zeitschriften SCARLET und Gare du Nord. Notley hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Ruth-Lilly-Preis für ihr Lebenswerk. Am weitläufigsten bekannt ist sie für ihr episches Gedicht The Descent of Alette. Zu ihren kürzlich publizierten Büchern zählen Eurynome’s Sandal, Benediction und For the Ride.

Precious Okoyomon ist queere Dichter:in, Künstler:in und Performer:in und lebt in New York. Sie ist Autor:in von Ajebota (Bottlecap Press, 2016) und But Did You Die (erscheint in Kürze bei Birds LLC). Sie hat in The Kitchen and Artists Space in New York und in den Serpentine Galleries in London performt und gelesen. In ihren Arbeiten untersucht sie Geschichten der Kriminalisierung und Rassifizierung von Licht, Dunkelheit und Sonne (die Okoyomon unbestreitbar für Schwarz hält).

 

Episode 3 mit Ariana Reines und Sophie Robinson

Die letzte Episode der Podcast-Serie ist ein Gespräch zwischen zwei Freundinnen: Ariana Reines und Sophie Robinson, Dichterinnen und Pädagoginnen, die in Räumen der Gastfreundschaft Verbindung und Verwandtschaft suchen. Die beiden tauschen ihre Poesien und die Erfahrungen aus, die ihr Schreiben geprägt haben, und diskutieren über Möglichkeiten der Fürsorge trotz institutioneller Grausamkeit, über das Nüchtern-Werden als Akt radikaler Liebe und darüber, wie Sonne und Mond ihnen sehr unterschiedliche und manchmal unbequeme Wahrheiten vermitteln.

Ariana Reines ist Dichterin, darstellende Künstlerin und mit dem Obie-Theaterpreis ausgezeichnete Dramatikerin. A SAND BOOK (Penguin, 2020) gewann den Kingsley Tufts Prize und war auf der Longlist für den National Book Award und für einen Lambda Literary Award. Sie schreibt regelmäßig für Artforum und leitet das INVISIBLE COLLEGE, eine Internet-Bewegung für Künstler:innen, Poet:innen und alle Interessierte. Ihre Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. 

Sophie Robinson ist Dichterin und Prosa-Autorin. Sie lehrt Lyrik an der Universität von East Anglia, Norwich. Robinson ist die Autorin von Rabbit (Boiler House Press, 2018) und The Institute of Our Love in Disrepair (Bad Press, 2012). Ihre Arbeiten erschienen in n+1, The White Review, Poetry Review, The Brooklyn Rail, Ploughshares, BOMB Magazine und Granta.

Buch: Deux Soeurs

Beatrice Gibsons Buch Deux Soeurs dient als „Lesebuch“ zu ihren beiden Filmen I Hope I’m Loud When I’m Dead (2018) und Two Sisters Who Are Not Sisters (2019). Es enthält Material, das Gibsons Arbeitsprozess beeinflusst hat, sowie die in beiden Filmen verwendeten Texte und Notizen der Künstlerin. Von Audre Lorde und Adrienne Rich bis hin zu Basma Alsharif und Pauline Oliveros bringt Deux Soeurs einen Chor von Stimmen zusammen, die Repräsentationen von Elternschaft, Freund:innenschaft und Ungehorsam erkunden. Herausgegeben von der Bergen Kunsthall in Zusammenarbeit mit den KW Institute for Contemporary Art schlägt das Buch einen Rahmen für eine Ethik der künstlerischen und sozialen Zusammenarbeit vor.

Deux Soeurs kann über den online shop der KW erworben werden.

Gloss black book with yellow text on the cover lies on top of a stone slab. Photo: Steinar Sekkingstad

Partner:innen

I Hope I’m Loud When I’m Dead ist eine Auftragsarbeit der KW Institute of Contemporary Art, Berlin; Bergen Kunsthall; Camden Arts Centre, London; Mercer Union, a centre for contemporary art, Toronto und wurde unterstützt von der Julia Stoschek Collection und Outset Germany_Switzerland.

What’s Love Got To Do With It ist von Beatrice Gibson kuratiert, von Alannah Chance produziert und beinhaltet Kompositionen von Crystabel Riley und Seymour Wright. Der Titelentwurf stammt von HIT Studio. Die Podcast-Serie ist eine Auftragsarbeit der KW Institute of Contemporary Art, Berlin; Bergen Kunsthall; Camden Arts Centre, London; und Mercer Union, a centre for contemporary art, Toronto.